So einiges an störenden Elementen galt es für den Rennstall rent2Drive-racing aus Döttingen zu beseitigen. Doch als wolle man dem Hauptsponsor „proWIN am RING“, Vertriebspartner für hochwertige Reinigungsmittel, alle Ehre machen, stand am Ende des langen Himmelfahrts-Wochenende ein makelloses und glanzvolles Resultat für die unweit des Nürburgrings beheimatete Mannschaft zu Buche.
In den sozialen Medien ist es zur Sitte geworden, in der Woche vor dem Rennen die Begeisterung der Fans mit einem Post unter dem Motto „It‘s raceweek!“ zu entfachen. Gar schon etwas länger konnten Anhänger von rent2Drive-racing dank Facebook und Instagram quasi in Echtzeit die nervenaufreibende Vorbereitungsphase zur 51. Auflage des ADAC TotalEnergies 24h Rennen Nürburgring verfolgen. Dass die Berichterstattung, die durch die Teameigner Diana und David Ackermann höchstpersönlich vorgenommen wurde, mitunter in einen Krimi ausartete, hätte man dabei den eigenen Fans sowie sich selbst gerne erspart.
Täglich berichteten die beiden über die aktuellen Geschehnisse rund um „Fluffy“. Bei „Fluffy“ – dem einzigen zum Langstreckenklassiker gemeldeten Fahrzeug des Teams – handelt es sich um einen Porsche Cayman GTS der Klasse V6 (VLN-Produktionswagen ab 3000 ccm Hubraum), der Anfang April durch einen Fahrfehler eines Gastfahrers komplett zerstört worden war. Und was man noch vor zwei Wochen auf dem Hänger sah, ließ einen fertigen Rennboliden lediglich erahnen.
Die komplette Fertigstellung des Wagens bis zum ersten Trainingslauf am Vatertag glich zwar einerseits einem Wunder, war andererseits aber hauptsächlich der harten Arbeit von Technikpartner Runte Motorsport aus Bochum zu Verdanken. Inhaber Max Runte peppelte die Rohkarosse in mühevoller Arbeit auf und sorgte dafür, dass der Wagen eine Woche vor dem Rennen beim Folierer sein markantes Äußeres wieder erhielt, das das gleichnamige Microfaser-Reinigungstuch aus dem Sortiment des oben erwähnten Sponsors widerspiegelt.
Am Dienstag, dem 16. Mai 2023 – ganze 48 Stunden vor Veranstaltungsbeginn – fand der Rollout, also der erste Funktionstest nach der „Wiederbelebung“ des Rennwagens statt.
Die nächste Herausforderung bestand am Mittwoch für Teamchef David Ackermann dann darin, genügend Nerven aufzutreiben, um dem zäh verlaufenden Einzug ins Fahrerlager standzuhalten. Schließlich belegte man dann die zugeteilte Box 23, zumindest den kleinen Teil, den die Profi- und Promi-Mannschaft von Scherer Sport PHX (unter anderem mit 4 Audi R8 LMS GT3 Evo II und drei ehemaligen DTM-Champions am Start) dem Familienbetrieb rent2Drive-racing zugestand. Ein einigermaßen genervter David Ackermann: „Früher haben wir uns mit acht Fahrzeugen eine Box geteilt, da hatten wir mehr Platz“.
Dennoch ging man optimistisch ins Bett, um dann am anderen Tag einen neuerlichen Nackenschlag zu erhalten. Zum einen spielte das Lenkrad des Boliden aus Weissach verrückt, zum anderen quittierte die Wasserpumpe den Dienst. Als dann am Nachmittag das erste Qualifikationstraining auf dem Programm stand, fand man „Fluffy“ statt auf der Strecke mit den anderen 134 Fahrzeugen um die Startposition kämpfend, in besagter Box 23 wieder. Dort herrschte große Betriebsamkeit, jedoch jederzeit dank Chefmechaniker Alois Mindermann und dem „Cayman-Flüsterer“ Max Runte in geordneten Bahnen. Zum Fahren kam man jedoch nicht.
Das Lächeln nicht vergessen!
Man hat David Ackermann sicherlich schon mit freundlicherer Miene gesehen. Seine Gesichtszüge sollten sich jedoch bald etwas aufhellen. Am Nachmittag zog er sich den Helm über, begab sich ins Fahrerlager der „ADAC 24h Classic“ und stieg dort in seinen BMW M3 E36 – genannt „die Bestie“. In jenem Auto also, mit dem 2008 seine Motorsport-Karriere am Nürburgring begann, fuhr sich der 51-jährige ein paar Runden lang den Frust von der Seele, bevor er das Fahrzeug an seine beiden Mitstreiter Jörg Wiskirchen (Euskirchen) und Bernd Kleeschulte (Büren) übergab.
Der orangefarbene M3 war nicht das einzige Fahrzeug, das die Mechaniker-Delegation in der zum Fahrerlager umgebauten AMG-Arena für das dreistündige Rennen am Samstag Morgen vorbereiteten. Neben einem weiteren BMW M3 E36 (im Besitz von Holger Gachot und pilotiert von Stefan Müller, Ralf Klein und Claudio Imperatore), betreute man auch zwei Porsche 911 der Baureihe 964 des Schweizer Teams Redback Racing. Als Fahrer waren hier die Eidgenossen Ivan Reggiani und Stefano Specht genannt. Ergänzt wurde das Redback-Aufgebot durch einen Porsche 944 Turbo, pilotiert von Stefano Steiger.
Um es an dieser Stelle vorweg zu nehmen: Der Einsatz im historischen Motorsport verlief erfolgreich. Am Ende des Rennens gab es folgende Platzierungen (bei 161 Startern!):
6. Ivan Reggiani, Porsche Carrera 964 CUP (Platz 2 in der Klasse 63)
11. Stefano Specht, Porsche 964 (Platz 3 in der Klasse 63)
21. Ralf Klein, Stefan Müller, Claudio Imperatore, BMW M3 E36 (Platz 3 in der Klasse 59)
34. David Ackermann, Jörg Wiskirchen, Bernd Kleeschulte, BMW M3 E36 (Platz 4 in der Klasse 59)
(Der Porsche 944 rückte nicht zum Rennen aus)
Zurück zum Hauptrennen und zurück zum Donnerstag. Erleichterung allenthalben, als zum Nachtqualifying bei Sonnenuntergang auch „Fluffy“ seine ersten Kilometer auf den Asphalt der sagenumwobenen „Grünen Hölle“ brennen konnte. Nicht nur David Ackermann, sondern auch seine Teamkollegen Holger Gachot (St. Wendel), Axel Jahn (Heusweiler) und Bernd Kleeschulte sammelten wertvolle Erfahrung mit dem Auto. Somit wurde das Quartett dem Motto gerecht, das auf der Basecap von David Ackermann aufgedruckt war: „Remember to smile!“ – „Denk‘ dran zu lächeln!“
Das dritte Qualifikationstraining am Freitag ließ man wie geplant aus. Gefahren wurde aber trotzdem: Probleme mit dem Krümmer bescherten Junior-Chefin Pascalina Ackermann eine Reise ins nordrhein-westfälische Solingen, um eine komplett neue Auspuffanlage für „Fluffy“ abzuholen. Während die vier Fahrer eifrig die von der Presseabteilung des Teams in großer Stückzahl aufgelegten Poster sowie Postkarten im „Fluffy“-Design signierten, bauten die Mechaniker die neue Abgasanlage ein. Neben der im Fokus stehenden Fehlerbehebung hatte der Umbau den schönen Nebeneffekt, dass der Sound des Sechszylinder-Boxermotors erheblich verbessert wurde.
Diebstahl und Sabotage
Abermals wurde die aufkommende Vorfreude auf das Rennen am darauffolgenden Samstag Morgen im Keim erstickt. Beim Funktionstest in der Box meldete der Bordcomputer des Porsche Cayman GTS Fehler. Das Ergebnis der Ursachenanalyse ließ dann alle Beteiligten fassungslos zurück. Über Nacht hatten sich fremde Hände am Porsche zu schaffen gemacht, dabei die Benzinleitung angeritzt und zudem die Lambdasonde entfernt. Diese kaum zu überbietende Dreistigkeit ließ das Lächeln im Gesicht von David Ackermann vollends verschwinden. „Mir fehlen die Worte. Unsere harte Arbeit der letzten Wochen wird durch eine Straftat zunichte gemacht. Wir haben den Vorfall der Rennleitung gemeldet.“
Man könnte den Glauben an die Menschheit verlieren, wenn es auf der anderen Seite nicht Personen wie Christian Büllesbach gäbe. Der Buchholzer, der in derselben Klasse auf einem Porsche Cayman S von Adrenalin Motorsport Team Motec genannt hatte, half bei der Beschaffung der benötigten Ersatzteile. Nochmals David Ackermann: „Ein großes Lob an Christian! So sieht wahrer Sportsgeist aus. Das ist genau das, was den Rennsport hier am Nürburgring ausmacht.“
Grün, grün, grün sind alle meine Kleider
Es war dann tatsächlich geschafft. Zum Rennstart am Samstag um 16 Uhr rückte „Fluffy“ in die Startaufstellung vor. Bernd Kleeschulte kam die Rolle des Startfahrers zuteil. Geschmückt mit einem Fluffy-Putztuch an der Antenne, machte sich der Bürener auf den Weg ins Grid – und verlor den Lappen aufsehenerregend bei ca. 70 km/h. Passend zum Grün von Fahrzeug und Putztuch, erschien auch Nina Meurer im grünen Kleid in der Startaufstellung. Diana Ackermann hierzu: „Nina ist wie ich proWIN-Fachberatung. Da wir in einem Team zusammen arbeiten, konnte ich mir gut vorstellen, dass sie ‚verrückt‘ genug sei, den ‚Job‘ als Grid-Girl übernehmen zu wollen – bei uns ist einfach alles anders als bei allen Anderen – auch das Grid-Girl!“ schmunzelte sie.
Bei uns ist einfach alles anders als bei allen Anderen!
Diana Ackermann
Rechtzeitig zum obligatorischen Teamfoto in der Startaufstellung wurde die komplette Truppe von David und Diana Ackermann auch mit der neuen Kollektion an Teamkleidung ausgestattet. Und auch in den Funktionsjacken findet sich die Trendfarbe Grün wieder. Nochmals Diana Ackermann: „Unser Dank gilt hier unseren Partnern ‚Sport am Ring‘ in Adenau und der proWIN Sportförderung, die uns hier unterstützt haben!“
Um Punkt 16 Uhr schaltete dann auch die Ampel auf Grün. Bernd Kleeschulte konnte alsbald einige Plätze gut machen. Nach ca. einer Stunde übergab er an Holger Gachot, bevor nach weiteren 60 Minuten David Ackermann übernahm. Gegen 19 Uhr kam dann schließlich auch Axel Jahn zum Zuge. Diese Rotation behielt man bei, fuhr ab dem späten Abend die Nacht hindurch jedoch Doppelstints.
So steinig der Weg im Vorfeld war, so glatt lief das Rennen an sich. Am Ende sprang somit Gesamtrang 58 heraus, gleichbedeutend mit dem zweiten Platz in der Klasse V6. David Ackermann: „Es ist nicht das kleinste Schräubchen oder sonst ein Pfennigsteil abgefallen. Wir haben wirklich nur Routine-Stopps gemacht. Sprit und Reifen. Auch so etwas habe ich in meiner Karriere bei einem 24-Stunden-Rennen noch nicht erlebt. Der starke Porsche Cayman S von Adrenalin Motorsport war nicht zu halten, aber das war auch nicht unser Bestreben. Unsere Parole lautete ‚Ankommen‘ und dieses Ziel haben wir mehr als bravourös gemeistert. Ich kann kaum in Worte fassen, wie stolz ich auf meine Mannschaft und unsere Kinder bin!“
Holger Gachot wurde am Sonntagnachmittag die Ehre zuteil, „Fluffy“ über die Ziellinie zu fahren und er wurde von einer jubelnden Boxencrew an der Boxenmauer empfangen. Insgesamt 129 Umläufe hatte man auf der Kombination aus GP-Strecke und Norsdschleife absolviert. Am Parc Fermé wurde Gachot sodann mit einer Bierdusche bedacht. Erneut versammelte man sich zum Teamfoto, sicherlich etwas geschafft aber überglücklich über die gelungene Premiere des grünen „Fluffy“ in der „Grünen Hölle“.
Fotos und Text: Andreas Krein